Tierarzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung – TAMWHV
(Verordnung über die Anwendung der Guten Herstellungspraxis bei der Herstellung von
Tierarzneimitteln und Wirkstoffen) 1)
Vom 09. März 2023,
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2023 Teil I Nr. 66, S. 2, Art. 2 vom 15. März 2023 - In Kraft getreten am 16. März 2023
1) Diese Verordnung dient zur Umsetzung der Richtlinie 91/412/EWG der Kommission vom 23. Juli 1991 zur Festlegung der Grundsätze und
Leitlinien der Guten Herstellungspraxis für Tierarzneimittel (ABl. L 228 vom 17.8.1991, S. 70)
§ 1
Anwendungsbereich
(1) Diese Verordnung regelt Anforderungen an die Gute Herstellungspraxis von Tierarzneimitteln und veterinärmedizintechnischen Produkten im Sinne des § 3 Absatz 3 Nummer 1 des Tierarzneimittelgesetzes und von Wirkstoffen, die als Ausgangsstoffe für Tierarzneimittel dienen.. Seite 2 von 5Bundesgesetzblatt Jahrgang 2023 Teil I Nr. 66, ausgegeben zu Bonn am 15. März 2023
(2) Die Verordnung ist anzuwenden auf Personen, Betriebe und Einrichtungen, die einer Erlaubnis nach
Artikel 88 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember
2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom
20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17; L 151 vom 2.6.2022, S. 74), die durch
die Delegierte Verordnung (EU) 2021/805 (ABl. L 180 vom 21.5.2021, S. 3) geändert worden ist, oder § 28 Absatz 1
des Tierarzneimittelgesetzes bedürfen. Sie ist auch anzuwenden auf die Herstellung und Einfuhr von Wirkstoffen,
die als Ausgangsstoffe für Tierarzneimittel dienen.
(3) Die Anforderungen dieser Verordnung gelten nicht für
- Tierarzneimittel, die weder gewerblich zubereitet wurden noch bei deren Zubereitung ein industrielles Verfahren
angewendet wurde,
- Stoffe, die im Homöopathischen Arzneibuch aufgeführt sind und die zur Herstellung von homöopathischen
Zubereitungen als Ausgangsstoffe für homöopathische Tierarzneimittel eingesetzt werden,
- Wirkstoffe für Ektoparasitika zur Anwendung an Tieren oder
- Wirkstoffe für nach § 4 Absatz 1 des Tierarzneimittelgesetzes von der Pflicht zur Zulassung freigestellte
Tierarzneimittel.
Durch die Einhaltung vergleichbarer Standards und Verfahren ist sicherzustellen, dass die Qualität der Herstellung
und Prüfung gleichwertig zu den in dieser Verordnung festgelegten Anforderungen ist.
(4) Die Verordnung gilt nicht für die Sammlung und Entsorgung von Abfällen von Tierarzneimitteln.
§ 2
Begriffsbestimmungen
(1) Für die Zwecke dieser Verordnung gelten die Begriffsbestimmungen der unmittelbar geltenden Rechtsakte
der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union für den Bereich der Tierarzneimittel sowie die des
Tierarzneimittelgesetzes.
(2) Im Sinne dieser Verordnung
- ist Qualitätsmanagementsystem (QM-System) ein System, das die Qualitätssicherung, die Gute
Herstellungspraxis oder die gute fachliche Praxis einschließlich der Qualitätskontrolle und der periodischen
Produktqualitätsüberprüfungen zum Gegenstand hat,
- sind Spezifikationen Festlegungen und Anforderungen, denen Ausgangsstoffe oder Zwischenprodukte für die
Tierarzneimittel- oder Wirkstoffherstellung, Wirkstoffe, Tierarzneimittel oder veterinärmedizintechnische Produkte
nach § 1 Absatz 1 entsprechen müssen,
- sind Inprozesskontrollen während der Herstellung vorgenommene Überprüfungen zur Überwachung und
erforderlichenfalls Anpassung des Prozesses und zur Sicherstellung, dass das Produkt seiner Spezifikation
entspricht,
- sind Arbeitsplatzbeschreibungen schriftliche oder elektronische Festlegungen über die spezifischen Aufgaben,
Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten, die den einzelnen Mitarbeitern oder Mitarbeiterinnen eines Betriebs
oder einer Einrichtung von ihren jeweiligen Leitungen zugewiesen wurden,
- ist Standardarbeitsanweisung eine schriftliche oder elektronische Anweisung zur Beschreibung der einzelnen
Schritte wiederkehrender Arbeitsgänge (Standardarbeitsverfahren), einschließlich der zu verwendenden
Materialien und Methoden,
- ist Validierung das Erbringen eines zu dokumentierenden Nachweises, der mit hoher Sicherheit belegt, dass
durch einen spezifischen Prozess oder ein Standardarbeitsverfahren ein Produkt hergestellt wird, das den
vorher festgelegten Spezifikationen und Qualitätsmerkmalen entspricht,
- ist Qualifizierung das Erbringen eines zu dokumentierenden Nachweises, der mit hoher Sicherheit belegt, dass
ein spezifischer Ausrüstungsgegenstand oder eine spezifische Umgebungsbedingung für die Herstellung eines
Produktes, das den vorher festgelegten Spezifikationen und Qualitätsmerkmalen entspricht, geeignet ist,
- sind kritische Herstellungs- oder Prüfverfahren Verfahren, die einen signifikanten Einfluss auf die Qualität oder
Sicherheit der Produkte haben können, und kritische Zusatzstoffe Materialien, die einen solchen Einfluss haben
können,
- sind kritische Ausrüstungsgegenstände oder Geräte solche, die mit den Produkten in Berührung kommen oder
einen anderen Einfluss auf die Qualität oder Sicherheit der Produkte haben können.
Spezifikationen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 dienen als Grundlage der Qualitätsbewertung.
§ 3
Qualitätsmanagementsystem und Gute Herstellungspraxis
(1) Personen, Betriebe und Einrichtungen müssen ein funktionierendes QM-System entsprechend Art und
Umfang der durchgeführten Tätigkeiten betreiben. Das QM-System muss die Gute Herstellungspraxis beinhalten
und die aktive Beteiligung der Leitung der Betriebe und Einrichtungen und des Personals der einzelnen betroffenen
Bereiche vorsehen. Alle Bereiche, die mit der Erstellung, Pflege und Durchführung des QM-Systems befasst sind,
sind angemessen mit fachlich ausgebildetem Personal sowie mit geeigneten und ausreichenden Räumlichkeiten
und Ausrüstungen auszustatten. Das QM-System muss vollständig dokumentiert sein und auf seine
Funktionstüchtigkeit kontrolliert werden.
(2) Zur Auslegung der Grundsätze der Guten Herstellungspraxis sind für Tierarzneimittel und
veterinärmedizintechnische Produkte im Sinne des § 1 Absatz 1 die in Artikel 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 91/
412/EWG der Kommission vom 23. Juli 1991 zur Festlegung der Grundsätze und Leitlinien der Guten
Herstellungspraxis für Tierarzneimittel (ABl. L 228 vom 17.8.1991, S. 70) bezeichneten Regelungen zur Guten
Herstellungspraxis zu beachten.
(3) Wer nach dieser Verordnung anstelle der Schriftform elektronische Verfahren einsetzen darf, hat
sicherzustellen, dass die elektronischen Dokumente für die jeweiligen Empfänger jederzeit leicht zugänglich sind
und dass sie in hinreichender Weise vor unbefugten Manipulationen geschützt sind.
§ 4
Tierhaltung
(1) Der Gesundheitszustand von Tieren, die für die Herstellung oder Prüfung von Tierarzneimitteln und
veterinärmedizintechnischen Produkten im Sinne des § 1 Absatz 1 oder von Wirkstoffen gehalten werden, ist von
einer Tierärztin oder einem Tierarzt fortlaufend zu überwachen.
(2) Soweit vor der Verwendung der Tiere eine Quarantäne erforderlich ist, sind die Tiere in einem
Quarantänestall unterzubringen und von einer Tierärztin oder einem Tierarzt zu überwachen. Die Quarantänezeit
beträgt
- für Kleintiere mindestens zwei Wochen,
- für Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen mindestens drei Wochen,
- für Einhufer sowie für andere Großtiere mindestens vier Wochen und
- für Affen mindestens sechs Wochen.
Der Quarantänestall muss von den übrigen Ställen getrennt sein. Die mit der Pflege und Wartung der im
Quarantänestall untergebrachten Tiere beauftragten Personen dürfen nicht ohne ausreichende Maßnahmen,
insbesondere zur Verhinderung einer Übertragung möglicher Infektionen, in anderen Bereichen beschäftigt werden.
(3) Bei der Herstellung und Prüfung von Tierarzneimitteln und veterinärmedizintechnischen Produkten im Sinne
des § 1 Absatz 1 oder von Wirkstoffen dürfen nur Tiere verwendet werden, die nach dem Ergebnis der tierärztlichen
Untersuchung keine Anzeichen von übertragbaren Krankheiten aufweisen und nicht an Krankheiten leiden, die die
Herstellung oder Prüfung nachteilig beeinflussen können.
(4) Personen, Betriebe und Einrichtungen, die Tiere nach Absatz 1 halten, haben über die Tiere nach Tierarten
getrennte Aufzeichnungen zu führen, die mindestens Angaben enthalten über
- Herkunft und Datum des Erwerbs,
- Rasse oder Stamm,
- Anzahl,
- Kennzeichnung,
- Beginn und Ende der Quarantänezeit,
- Ergebnis der tierärztlichen Untersuchungen,
- Art, Datum und Dauer der Verwendung und
- Verbleib der Tiere nach der Verwendung.
(5) Räume, in denen Tiere gehalten werden, müssen von anderen Bereichen abgetrennt sein und über einen
eigenen Eingang sowie über eigene Belüftungsanlagen verfügen. |