Verordnung über die Voraussetzungen
für die Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
mit Medizinprodukten hoher Risikoklasse nach § 137h des Fünften Buches Sozialgesetzbuch
- MeMBV
(Medizinproduktemethodenbewertungsverordnung)
Vom 15. Dezember 2015,
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2015 Teil I Nr. 53, S.2340 vom 23. Dezember 2015 geändert am 21. April 2021 durch Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 19, S. 833, Art. 3 vom 27. April 2021 (Die Änderungen sind blau markiert und am 26.5.2021 in Kraft getreten.)
§ 1
Geltungsbereich
Die Verordnung regelt nähere Kriterien zur Bestimmung der in § 137h Absatz 2 Satz 1 und 2 des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch genannten Voraussetzungen des Verfahrens zur Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit Medizinprodukten hoher Risikoklasse.
§ 2
Medizinprodukte mit hoher Risikoklasse
(1) Medizinprodukte mit hoher Risikoklasse nach
§ 137h Absatz 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sind solche, die der Klasse IIb oder III
nach Artikel 51 in Verbindung mit Anhang VIII der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung zuzuordnen sind
und deren Anwendung einen besonders invasiven
Charakter aufweist.
(2) Die Anwendung eines aktiven implantierbaren Medizinprodukts im Sinne von Artikel 2 Nummer 4 und 5 der Verordnung (EU) 2017/745 weist einen besonders invasiven Charakter auf. Die Anwendung eines sonstigen Medizinprodukts, das der
Klasse III zuzuordnen ist, weist einen besonders invasiven Charakter auf, wenn mit dem Einsatz des Medizinprodukts ein erheblicher Eingriff in wesentliche Funktionen von Organen oder Organsystemen, insbesondere des Herzens, des zentralen Kreislaufsystems oder
des zentralen Nervensystems einhergeht. Erheblich ist
ein Eingriff, der die Leistung oder die wesentliche Funktion eines Organs oder eines Organsystems langzeitig
verändert oder ersetzt oder den Einsatz des Medizinprodukts in direktem Kontakt mit dem Herzen, dem
zentralen Kreislaufsystem oder dem zentralen Nervensystem zur Folge hat.
(3) Die Anwendung eines Medizinprodukts, das der
Klasse IIb zuzuordnen ist, weist nur dann einen besonders invasiven Charakter auf, wenn das Medizinprodukt
mittels Aussendung von Energie oder Abgabe radioaktiver Stoffe gezielt auf wesentliche Funktionen von
Organen oder Organsystemen, insbesondere des Herzens, des zentralen Kreislaufsystems oder des zentralen
Nervensystems einwirkt.
§ 3
Neues theoretisch-wissenschaftliches Konzept
(1) Eine Methode weist ein neues theoretisch-wissenschaftliches Konzept im Sinne von § 137h Absatz 1
Satz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch auf, wenn
sich ihr Wirkprinzip oder ihr Anwendungsgebiet von
anderen, in der stationären Versorgung bereits eingeführten systematischen Herangehensweisen wesentlich
unterscheidet.
(2) Als eine bereits in die stationäre Versorgung eingeführte systematische Herangehensweise gilt jede
Methode, deren Nutzen einschließlich etwaiger Risiken
im Wesentlichen bekannt ist. Wird eine Methode in jeweils einschlägigen methodisch hochwertigen Leitlinien
oder anderen systematisch recherchierten Evidenzsynthesen als zweckmäßiges Vorgehen empfohlen,
kann die Beurteilung insbesondere hierauf gestützt
werden. Als eine bereits in der stationären Versorgung
eingeführte systematische Herangehensweise gilt auch
eine Methode, die maßgeblich auf Operationen oder
sonstigen Prozeduren beruht, die spezifisch in dem
vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit gemäß § 301 Absatz 2 Satz 2 des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch herausgegebenen
Prozedurenschlüssel in der am 23. Juli 2015 geltenden
Fassung
1)
aufgeführt sind.
1) Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit zur An-
wendung des Operationen- und Pro
zedurenschlüssels vom 5. Novem-
ber 2014 (BAnz AT 18.11.2014 B3).
(3) Ein theoretisch-wissenschaftliches Konzept einer
Methode ist die Beschreibung einer systematischen
Anwendung bestimmter auf eine Patientin oder einen
Patienten einwirkender Prozessschritte (Wirkprinzip),
die das Erreichen eines diagnostischen oder therapeutischen Ziels in einer spezifischen Indikation (Anwendungsgebiet) wissenschaftlich nachvollziehbar erklären
kann.
(4) Das Wirkprinzip einer Methode unterscheidet
sich wesentlich von einer bereits eingeführten systematischen Herangehensweise, wenn der Unterschied
in den beschriebenen Prozessschritten
- dazu führt, dass der theoretisch-wissenschaftliche
Begründungsansatz der eingeführten systematischen Herangehensweise nicht ausreicht, um den
mit dem Einsatz der zu untersuchenden Methode
bezweckten diagnostischen oder therapeutischen
Effekt zu erklären und ihre systematische Anwendung zu rechtfertigen, oder
- zu einer derart veränderten Form der Einwirkung auf
die Patientin oder den Patienten führt, dass eine
Übertragung der vorliegenden Erkenntnisse zum
Nutzen einschließlich etwaiger Risiken der bereits
eingeführten systematischen Herangehensweise
auf die zu untersuchende Methode medizinisch-wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen ist.
(5) Das Anwendungsgebiet einer Methode unterscheidet sich wesentlich von einer bereits eingeführten
systematischen Herangehensweise mit gleichem Wirkprinzip, wenn
- der Unterschied in der spezifischen Indikation dazu
führt, dass der theoretisch-wissenschaftliche Begründungsansatz der eingeführten systematischen
Herangehensweise nicht ausreicht, um den mit
dem Einsatz in der zu untersuchenden spezifischen
Indikation bezweckten diagnostischen oder therapeutischen Effekt zu erklären und die systematische
Anwendung in dieser Indikation zu rechtfertigen,
oder
- bei der zu untersuchenden spezifischen Indikation
im Unterschied zu der spezifischen Indikation der
bereits eingeführten systematischen Herangehensweise eine derart abweichende Auswirkung zu erwarten ist oder bezweckt wird, dass eine Übertragung der vorliegenden Erkenntnisse zum Nutzen
einschließlich etwaiger Risiken der bereits eingeführten systematischen Herangehensweise auf die zu
untersuchende spezifische Indikation medizinisch-wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen ist.
(6) Eine schrittweise erfolgende Weiterentwicklung
einer bereits eingeführten systematischen Herangehensweise, die nicht zu einer wesentlichen Veränderung des zugrundeliegenden theoretisch-wissenschaftlichen Konzepts führt, erfüllt
nicht die Voraussetzungen
des Verfahrens zur Bewertung neuer Untersuchungs-
und Behandlungsmethoden mit Medizinprodukten hoher Risikoklasse. Insbesondere wenn mit einer schrittweise erfolgenden Weiterentwicklung der Zweck verfolgt wird, das diagnostische oder therapeutische Ziel
in höherem Maße zu erreichen, führt dies für sich allein
nicht bereits zu einer wesentlichen Veränderung des
zugrundeliegenden Behandlungskonzepts, ohne dass
eines der Kriterien nach den Absätzen 4 oder 5 erfüllt
ist.
§ 4
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2016 in Kraft.
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