Verordnung
über klinische Prüfungen von Medizinprodukten - MPKPV
vom 10. Mai 2010, Bundesgesetzblatt Jahrgang 2010 Teil I Nr. 20, S. 555, Art.1 vom 12. Mai 2010, geändert am 25. Juli 2014, durch Bundesgesetzblatt Jahrgang 2014 Teil I Nr. 35, S.1227, Art.3 vom 28. Juli 2014, geändert am 28. April 2020 durch Bundesgesetzblatt Jahrgang 2020 Teil I Nr. 23, S. 960, Art. 11b vom 22. Mai 2020 (Die Änderungen sind blau markiert und am 25.5.2020 in Kraft getreten.) zuletzt geändert am 13. Juli 2020 durch Bundesgesetzblatt Jahrgang 2020 Teil I Nr. 35, S. 1692, Art. 4 vom 16. Juli 2020 (Die Änderungen sind pink markiert und am 26. Mai 2020 in Kraft getreten.)
- Die Verordnung über klinische Prüfungen von Medizinprodukten ist am 26. Mai 2021 durch Artikel 9 die Medizinprodukte-EU-Anpassungsverordnung Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 19, S. 833 vom 27. April 2021 außer Kraft getreten. -
§ 1
Anwendungsbereich
(1) Die Verordnung gilt für klinische Prüfungen und
genehmigungspflichtige Leistungsbewertungsprüfungen
gemäß den §§ 20 bis 24 des Medizinproduktegesetzes,
deren Ergebnisse verwendet werden sollen zu:
- der Durchführung eines Konformitätsbewertungsverfahrens
gemäß der Medizinprodukte-Verordnung,
- der Durchführung eines Konformitätsbewertungsverfahrens
mit einem Medizinprodukt, das die CEKennzeichnung
tragen darf, zur Erlangung einer
neuen Zweckbestimmung, die über die der CEKennzeichnung
zugrunde liegende Zweckbestimmung
hinausgeht, oder
- der Gewinnung und Auswertung von Erfahrungen
des Herstellers bezüglich der klinischen Sicherheit
und Leistung eines Medizinproduktes, das die CEKennzeichnung
tragen darf, sofern zusätzlich invasive
oder andere belastende Untersuchungen durchgeführt
werden.
(2) Auf Leistungsbewertungsprüfungen nach § 24
Satz 1 Nummer 1 des Medizinproduktegesetzes, bei
denen eine nicht chirurgisch-invasive Probenahme aus
der Mundhöhle erfolgt, ist diese Verordnung nicht anzuwenden.
§ 2
Kennzeichnung
(1) Medizinprodukte, die für klinische Prüfungen bestimmt
sind, müssen, mit Ausnahme von Medizinprodukten
gemäß § 1 Absatz 1 Nummer 3, den Hinweis „nur für klinische Prüfungen“ tragen, Produkte für Leistungsbewertungszwecke
den Hinweis „nur für Leistungsbewertungszwecke“.
(2) Die Kennzeichnung muss den Schutz der Probanden,
Anwender oder Dritter und die Rückverfolgbarkeit
sicherstellen, die Identifizierung des einzelnen
Medizinproduktes ermöglichen und eine ordnungsgemäße
Anwendung des Medizinproduktes gewährleisten.
Die einschlägigen Bestimmungen zur Bereitstellung
von Informationen durch den Hersteller in Anhang 1
der Richtlinie 90/385/EWG des Rates vom 20. Juni 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare medizinische
Geräte (ABl. L 189 vom 20.7.1990, S. 17), die zuletzt
durch Artikel 1 der Richtlinie 2007/47/EG (ABl. L 247
vom 21.9.2007, S. 21) geändert worden ist, Anhang I der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (ABl. L 169 vom 12.7.1993, S. 1),
die zuletzt durch Artikel 2 der Richtlinie 2007/47/EG
(ABl. L 247 vom 21.9.2007, S. 21) geändert worden ist,
und Anhang I der Richtlinie 98/79/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 1998 über
In-vitro-Diagnostika (ABl. L 331 vom 7.12.1998, S. 1),
die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009
(ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 14) geändert worden ist, sind entsprechend anzuwenden.
§ 3
Antragstellung
(1) Der Antrag nach § 22 Absatz 1 Satz 1 und § 22a
Absatz 1 Satz 1 des Medizinproduktegesetzes ist im
Wege der Datenübertragung über das zentrale Erfassungssystem
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte einzureichen. Der Antrag
muss die in der maßgeblichen Anlage zu der
Rechtsverordnung nach § 37 Absatz 8 des Medizinproduktegesetzes
aufgeführten Angaben enthalten. Das
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte teilt über ein automatisiertes elektronisches
Verfahren dem Sponsor, der zuständigen Bundesoberbehörde
und der nach § 22 Absatz 1 des Medizinproduktegesetzes
zuständigen Ethik-Kommission (zuständige
Ethik-Kommission) mit, dass der Antrag eingereicht
wurde. Bei multizentrischen klinischen Prüfungen
oder Leistungsbewertungsprüfungen, die im Geltungsbereich
des Medizinproduktegesetzes in mehr als einer
Prüfstelle durchgeführt werden, benachrichtigt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte jede weitere nach Landesrecht gebildete
und nach § 5 zu beteiligende Ethik-Kommission (beteiligte
Ethik-Kommission) darüber, dass der Antrag eingereicht
wurde.
(2) Dem Antrag nach Absatz 1 sind der vom Prüfer
oder Hauptprüfer oder vom Leiter der klinischen Prüfung
oder vom Leiter der Leistungsbewertungsprüfung
sowie vom Sponsor oder seinem Vertreter unterzeichnete
Prüfplan oder bei Leistungsbewertungsprüfungen
der Evaluierungsplan sowie das Handbuch des klinischen
Prüfers beizufügen. Soweit nicht bereits in den
Anlagen nach Satz 1 enthalten, sind dem Antrag nach
Absatz 1 folgende in deutscher oder, sofern nichts anderes
bestimmt ist, in englischer Sprache abgefasste
Anlagen beizufügen:
- eine Zusammenfassung der wesentlichen Inhalte
des Prüfplans oder bei Leistungsbewertungsprüfungen
des Evaluierungsplans in deutscher Sprache,
wenn der Plan nach Satz 1 in englischer Sprache
vorgelegt wird,
- die Beschreibung der vorgesehenen medizinischen
Prozedur und Untersuchungsmethoden sowie eventueller
Abweichungen von medizinischen Standards,
- die präklinische Bewertung einschließlich des zugrunde
liegenden wissenschaftlichen Erkenntnismaterials,
- Informationen zur sicheren Anwendung des Medizinproduktes
in deutscher Sprache,
- eine Bewertung und Abwägung der vorhersehbaren
Risiken, Nachteile und Belastungen gegenüber der
voraussichtlichen Bedeutung des Medizinproduktes
für die Heilkunde und gegen den erwarteten Nutzen
für die Probanden,
- eine Versicherung, dass das betreffende Medizinprodukt
mit Ausnahme der Punkte, die Gegenstand der
Prüfungen sind, den Grundlegenden Anforderungen
gemäß § 7 des Medizinproduktegesetzes entspricht
und dass hinsichtlich dieser Punkte alle Vorsichtsmaßnahmen
zum Schutz der Gesundheit und der Sicherheit
der Probanden, der Anwender sowie Dritter
getroffen wurden,
- einen Plan für die Weiterbehandlung und medizinische
Betreuung der Probanden,
- mit Gründen versehene ablehnende Bewertungen
der zuständigen Ethik-Kommissionen anderer Mitgliedstaaten
der Europäischen Union oder anderer
Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen
Wirtschaftsraum sowie Versagungen durch
die zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten
der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten
des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum,
- eine Vollmacht für den vom Sponsor bestellten Vertreter
nach § 20 Absatz 1 Satz 4 Nummer 1a des
Medizinproduktegesetzes.
(3) Soweit nicht bereits in den Anlagen nach Absatz 2
Satz 1 enthalten, sind dem Antrag an die Ethik-Kommission
zusätzlich beizufügen:
- Angaben zur Eignung der Prüfstelle, bezogen auf
die beantragte Prüfung, insbesondere zu der vorhandenen
personellen, räumlichen, apparativen
und notfallmedizinischen Ausstattung sowie gegebenenfalls
zur räumlichen Anbindung an ein Krankenhaus
mit Notfallversorgung, ferner Angaben zu
den in der Prüfstelle bereits durchgeführten, laufenden
und geplanten klinischen Studien unter Angabe
des Anwendungsbereiches,
- die Nachweise der Qualifikation der Prüfer gemäß
§ 9,
- die Angaben zur notwendigen Qualifikation von
sonstigen Personen, die die zu prüfenden Medizinprodukte
im Rahmen der klinischen Prüfung anwenden,
- die Probandeninformation und die vorgesehene
Einverständniserklärung sowie Informationen, die
die Personen gemäß § 20 Absatz 4 Nummer 4
und § 21 Nummer 3 des Medizinproduktegesetzes
erhalten, in deutscher Sprache und, soweit erforderlich,
in der Sprache der Probanden und ihrer gesetzlichen
Vertreter, sowie eine Beschreibung des
Verfahrens zur Einholung der Einwilligung,
- eine Rechtfertigung für die Einbeziehung von Personen
nach § 20 Absatz 4 und 5 sowie § 21 Nummer
2 des Medizinproduktegesetzes in die klinische
Prüfung oder Leistungsbewertungsprüfung,
- der Nachweis einer Versicherung nach § 20 Absatz
1 Satz 4 Nummer 9 des Medizinproduktegesetzes
sowie Angaben zur finanziellen und sonstigen
Entschädigung der Probanden,
- eine Erklärung zur Einbeziehung möglicherweise
vom Sponsor oder Prüfer abhängiger Personen in
die klinische Prüfung oder Leistungsbewertungsprüfung,
- eine Erklärung und Verfahrensbeschreibung zur
Einhaltung des Datenschutzes,
- alle wesentlichen Elemente der zwischen dem
Sponsor und der Prüfstelle vorgesehenen Verträge
einschließlich Angaben zur Vergütung und Finanzierung,
- Kriterien für das Unterbrechen oder den vorzeitigen
Abbruch der klinischen Prüfung oder Leistungsbewertungsprüfung.
(4) Soweit nicht bereits in den Anlagen nach Absatz 2
Satz 1 enthalten, sind dem Antrag an die zuständige
Bundesoberbehörde zusätzlich beizufügen:
- die Ergebnisse einer biologischen Sicherheitsprüfung
oder sonstiger für die vorgesehene Zweckbestimmung
des Medizinproduktes erforderlichen Prüfungen
gemäß § 20 Absatz 1 Satz 4 Nummer 5 des
Medizinproduktegesetzes,
- der Nachweis der sicherheitstechnischen Unbedenklichkeit
gemäß § 20 Absatz 1 Satz 4 Nummer 6
des Medizinproduktegesetzes,
- die zum Verständnis der Funktionsweise des Medizinproduktes
erforderlichen Beschreibungen und Erläuterungen,
- die Risikoanalyse und -bewertung einschließlich Beschreibung
der bekannten Restrisiken,
- eine Liste über die Einhaltung der Grundlegenden
Anforderungen der gemäß § 7 des Medizinproduktegesetzes
einschlägigen Richtlinien einschließlich der
Angabe der ganz oder teilweise angewandten
Normen und Gemeinsamen Technischen Spezifikationen
sowie eine Beschreibung der Lösungen zur
Einhaltung der Grundlegenden Anforderungen, sofern
diese Normen nicht eingehalten wurden oder
fehlen,
- bei wiederzuverwendenden Produkten sowie bei
Produkten, die vor der Anwendung zu sterilisieren
sind, Angaben zu geeigneten Aufbereitungs- oder
Sterilisationsverfahren,
- die Beschreibung der Verfahren zur Dokumentation,
Bewertung und Meldung von schwerwiegenden unerwünschten
Ereignissen an die zuständige Bundesoberbehörde.
§ 4
Ergänzende
Informationen der Genehmigungsbehörden
Die zuständigen Bundesoberbehörden veröffentlichen
auf ihren Internetseiten weitere Informationen,
insbesondere zu den Anträgen, Anzeigen und Verfahren
nach § 20 Absatz 1 sowie zu den §§ 22a bis 24 des
Medizinproduktegesetzes und zu den §§ 1, 3, 6, 7 und 8 dieser Verordnung.
§ 5
Bewertungsverfahren
(1) Die zuständige Ethik-Kommission bestätigt dem
Sponsor und den beteiligten Ethik-Kommissionen innerhalb
von zehn Tagen den Eingang des ordnungsgemäßen
Antrags unter Angabe des Eingangsdatums.
Wenn Unterlagen zum Antrag ohne Begründung hierfür
fehlen oder der Antrag aus sonstigen Gründen nicht
ordnungsgemäß ist, fordert die zuständige Ethik-Kommission
den Sponsor auf, die von ihr benannten Formmängel
zu beheben. Die Mitteilung enthält den Hinweis,
dass der Lauf der Frist nach § 22 Absatz 4 Satz 1 des
Medizinproduktegesetzes erst nach Eingang des ordnungsgemäßen
Antrags beginnt.
(2) Die zuständige Ethik-Kommission führt das Bewertungsverfahren
durch. Multizentrische klinische
Prüfungen oder Leistungsbewertungsprüfungen, die
im Geltungsbereich des Medizinproduktegesetzes von
mehr als einer Prüfstelle durchgeführt werden, bewertet
die zuständige Ethik-Kommission im Benehmen mit
den beteiligten Ethik-Kommissionen. Die beteiligten
Ethik-Kommissionen prüfen die Qualifikation der Prüfer
und die Geeignetheit der Prüfstellen in ihrem Zuständigkeitsbereich.
Die Stellungnahmen müssen der zuständigen
Ethik-Kommission innerhalb von 30 Tagen
nach Eingang des ordnungsgemäßen Antrags vorliegen.
Darüber hinausgehende Anmerkungen einer beteiligten
Ethik-Kommission müssen von der zuständigen
Ethik-Kommission dokumentiert werden und können in
deren abschließende Bewertung aufgenommen werden.
(3) Während der Prüfung des Antrags auf zustimmende
Bewertung kann die zuständige Ethik-Kommission
einmalig zusätzliche Informationen vom Sponsor
anfordern. Der Ablauf der Frist nach § 22 Absatz 4
Satz 1 des Medizinproduktegesetzes ist von der Anforderung
bis zum Eingang der zusätzlichen Informationen
gehemmt.
(4) Die zuständige Ethik-Kommission überprüft, ob
die ethischen und rechtlichen Anforderungen an eine
klinische Prüfung oder Leistungsbewertungsprüfung
eingehalten werden und ob die Qualität der Prüfung
dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht.
Sie vergewissert sich, ob der Schutz der Probanden
gewährleistet ist. Dabei prüft sie insbesondere
- die Relevanz der klinischen Prüfung oder Leistungsbewertungsprüfung
und ob ihre Planung geeignet
ist, die Fragestellung zu beantworten,
- ob der zu erwartende Nutzen die voraussichtlichen
Risiken überwiegt und ob diese Risiken für die Probanden
vertretbar sind,
- die Vertretbarkeit der Risiken der durch die klinische
Prüfung oder Leistungsbewertungsprüfung
bedingten zusätzlichen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
- die Qualifikation der Prüfer sowie die Qualifikationsanforderungen
an die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen,
die die zu prüfenden Produkte anwenden,
- die Nachweise über Kenntnisse des Prüfers im Zusammenhang
mit bestehenden Normen und Prinzipien
zu klinischen Prüfungen oder Leistungsbewertungsprüfungen,
- bei klinischen Prüfungen den Prüfplan oder bei
Leistungsbewertungsprüfungen den Evaluierungsplan,
- das Handbuch des klinischen Prüfers auf Vollständigkeit
und Verständlichkeit,
- die Geeignetheit der Prüfeinrichtungen,
- die Eignung des Verfahrens zur Auswahl der Probanden,
- ob die Probandeninformationen, insbesondere über
den Ablauf der klinischen Prüfung oder Leistungsbewertungsprüfung,
den zu erwartenden Nutzen,
die existierenden und möglichen Risiken des zu
prüfenden Medizinproduktes, die mit der Prüfung
verbundenen absehbaren Belastungen, die gegebenenfalls
vorhandenen Alternativen, die Rechte
der Probanden sowie die Verfahren zur Geltendmachung
dieser Rechte allgemein verständlich
und vollständig sind,
- ob das Einbeziehen von Schwangeren, Stillenden,
Minderjährigen oder nicht einwilligungsfähigen Personen
gerechtfertigt ist,
- wie die Einwilligung bei Personen eingeholt wird,
die nicht in der Lage sind, selbst einzuwilligen,
- ob die notwendige Nachsorge der Probanden gewährleistet
ist,
- wie Schäden, die die Probanden im Rahmen der
klinischen Prüfung oder Leistungsbewertungsprüfung
erleiden, ersetzt werden und ob für den Fall,
dass bei der Durchführung der klinischen Prüfung
ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit
eines Menschen verletzt oder beeinträchtigt
wird, eine Versicherung besteht, die auch Leistungen
gewährt, wenn kein anderer für den Schaden
haftet,
- wie Prüfer und Probanden entschädigt werden sollen
sowie
- die vom Sponsor vorgesehenen Kriterien für das
Unterbrechen und den Abbruch der klinischen Prüfung
oder Leistungsbewertungsprüfung.
(5) Die zuständige Ethik-Kommission teilt dem
Sponsor ihre Bewertung in Schriftform mit und übermittelt
diese zeitgleich der zuständigen Bundesoberverlag.de
behörde im Wege der Datenübertragung über das zentrale
Erfassungssystem des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte.
§ 6
Genehmigungsverfahren
(1) Die zuständige Bundesoberbehörde bestätigt
dem Sponsor innerhalb von zehn Tagen den Eingang
des ordnungsgemäßen Antrags unter Angabe des Eingangsdatums.
In der Eingangsbestätigung ist auf die
Frist nach § 22a Absatz 4 Satz 1 des Medizinproduktegesetzes,
die Voraussetzungen für den Beginn des
Fristablaufs und auf die Rechtsfolge hinzuweisen, die
an den Fristablauf geknüpft ist. Wenn Unterlagen zum
Antrag ohne Begründung hierfür fehlen oder der Antrag
aus sonstigen Gründen nicht ordnungsgemäß ist, fordert
die zuständige Bundesoberbehörde den Sponsor
auf, die von ihr benannten Formmängel zu beheben.
Die Mitteilung enthält den Hinweis, dass der Lauf der
Frist nach § 22a Absatz 4 Satz 1 des Medizinproduktegesetzes
erst nach Eingang des ordnungsgemäßen Antrags
beginnt.
(2) Während der Prüfung des Antrags auf Genehmigung
kann die zuständige Bundesoberbehörde einmalig
zusätzliche Informationen vom Sponsor anfordern.
Der Ablauf der Frist nach § 22a Absatz 4 Satz 1 des
Medizinproduktegesetzes ist von der Anforderung bis
zum Eingang der zusätzlichen Informationen gehemmt.
(3) Übermittelt die zuständige Bundesoberbehörde
dem Sponsor in Schriftform mit Gründen versehene
Einwände, ist hierbei auch auf die Frist nach § 22a Absatz
4 Satz 2 des Medizinproduktegesetzes, auf die an
den Fristablauf geknüpfte Rechtsfolge sowie auf die
verfügbaren Rechtsbehelfe hinzuweisen. Der Sponsor
kann den Antrag innerhalb der Frist nach Satz 1 ändern,
um die vorgebrachten Einwände zu berücksichtigen. In
diesem Fall entscheidet die zuständige Bundesoberbehörde
innerhalb von 15 Tagen nach Eingang der Änderungen.
Sie teilt dem Sponsor ihre Entscheidung in
Schriftform mit und übermittelt diese zeitgleich der zuständigen
Ethik-Kommission im Wege der Datenübertragung über das zentrale Erfassungssystem des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte.
(4) Die zuständige Bundesoberbehörde überprüft,
ob die zu prüfenden Medizinprodukte ausreichend sicher
sind und die klinische Prüfung so gestaltet ist,
dass die etwaigen Restrisiken vertretbar sind. Dabei
prüft sie bei klinischen Prüfungen von Medizinprodukten
insbesondere
- den Nachweis der sicherheitstechnischen Unbedenklichkeit
der zu prüfenden Medizinprodukte,
- die Wissenschaftlichkeit und Angemessenheit der
durchgeführten biologischen Sicherheitsprüfungen
oder sonstiger erforderlicher Prüfungen,
- ob die vom Hersteller verwendeten Lösungen zur
Risikominimierung in harmonisierten Normen beschrieben
sind und dort, wo der Hersteller keine harmonisierten
Normen verwendet, die Gleichwertigkeit
des Schutzniveaus im Vergleich zu harmonisierten
Normen,
- die Plausibilität der geplanten Maßnahmen zur sicheren
Installation, Inbetriebnahme und Instandhaltung,
- die Angemessenheit und Wissenschaftlichkeit der
der klinischen Prüfung zugrunde liegenden statistischen
Modelle,
- ob das Design der klinischen Prüfung geeignet ist,
die vom Sponsor mit der Prüfung beabsichtigten
Ziele zu erreichen, sowie
- für Produkte, die steril angewendet werden, die
Nachweise zur Validierung der herstellerseitigen
Sterilisationsverfahren oder Angaben zu den Aufbereitungs-
und Sterilisationsverfahren, die von der
Prüfstelle durchgeführt werden müssen.
(5) Bei Leistungsbewertungsprüfungen von In-vitro-
Diagnostika prüft die zuständige Bundesoberbehörde
insbesondere
- die Sicherheit der Probeentnahmesysteme,
- soweit im Einzelfall zutreffend, die Einhaltung der
Gemeinsamen Technischen Spezifikationen mit Ausnahme
der zu prüfenden Aspekte,
- die in Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 und 6 genannten
Aspekte sowie
- die angemessene präklinische Validierung der analytischen
und diagnostischen Genauigkeit und des
prädiktiven und prognostischen Nutzens.
§ 7
Verfahren
bei klinischen Prüfungen
und Leistungsbewertungsprüfungen von
Medizinprodukten mit geringem Sicherheitsrisiko
(1) Für die folgenden Medizinprodukte kann der
Sponsor bei der zuständigen Bundesoberbehörde eine
Befreiung von der Genehmigungspflicht gemäß § 20
Absatz 1 Satz 2 des Medizinproduktegesetzes über
das zentrale Erfassungssystem beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte beantragen:
- Medizinprodukte der Klasse I,
- nicht invasive Medizinprodukte der Klasse IIa,
- Medizinprodukte, die nach den §§ 6 und 10 des Medizinproduktegesetzes
die CE-Kennzeichnung tragen
dürfen und deren klinische Prüfung zusätzliche
invasive oder andere belastende Untersuchungen
beinhaltet, es sei denn, diese Prüfung hat eine andere
Zweckbestimmung des Medizinproduktes zum
Inhalt,
- In-vitro-Diagnostika, die für eine Leistungsbewertungsprüfung
gemäß § 24 Satz 1 Nummer 1 und 2
des Medizinproduktegesetzes bestimmt sind.
(2) Für die Prüfung durch die zuständige Bundesoberbehörde
sind dem Antrag abweichend von § 3 Absatz
2 und 4 die folgenden Anlagen beizufügen:
- eine zusammenfassende Risikobeurteilung,
- der Nachweis, dass eines der in Absatz 1 genannten
Kriterien erfüllt ist, und
- für Medizinprodukte, die steril angewendet werden,
die Nachweise zur Validierung der herstellerseitigen
Sterilisationsverfahren oder Angaben zu den Aufbereitungs- oder Sterilisationsverfahren, die von der
Prüfstelle durchgeführt werden müssen, es sei denn, es
handelt sich um eine klinische Prüfung nach Absatz 1
Nummer 3.
(3) Die zuständige Bundesoberbehörde bestätigt
dem Sponsor unverzüglich den Eingang des Antrags
unter Angabe des Eingangsdatums. § 6 Absatz 1 Satz 2
und 3 gilt entsprechend. Die Befreiung von der Genehmigungspflicht
nach § 20 Absatz 1 Satz 2 des Medizinproduktegesetzes
gilt als erteilt, wenn die zuständige
Bundesoberbehörde dem Antrag nicht innerhalb von
zehn Tagen nach Eingang widersprochen hat. Dem Antrag
darf nur widersprochen werden, wenn die vorgelegten
Unterlagen nach Absatz 2 unvollständig sind
oder den dort genannten Anforderungen nicht entsprechen.
(4) Unbeschadet der Absätze 1 bis 3 hat der Sponsor
die nach § 20 Absatz 1 Satz 1 des Medizinproduktegesetzes
erforderliche zustimmende Bewertung bei
der zuständigen Ethik-Kommission nach Maßgabe des § 3 Absatz 1 bis 3 zu beantragen.
§ 8
Änderungen
(1) Änderungen nach § 22c Absatz 1 des Medizinproduktegesetzes
sind vom Sponsor über das zentrale
Erfassungssystem beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte anzuzeigen. Änderungen
gegenüber den gemäß § 3 eingereichten Unterlagen
sind kenntlich zu machen, die geänderten Unterlagen
sind der Änderungsanzeige beizufügen. Stellt
die zuständige Bundesoberbehörde fest, dass eine angezeigte Änderung die Voraussetzungen einer wesentlichen Änderung erfüllt, teilt sie dies dem Sponsor unverzüglich
mit und informiert die zuständigen Behörden über das zentrale Erfassungssystem beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte.
Für Anträge nach § 22c Absatz 2 des Medizinproduktegesetzes
gilt Satz 1 entsprechend. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte teilt über ein automatisiertes elektronisches Verfahren
dem Sponsor mit, dass der Antrag oder die Änderungsanzeige
eingereicht wurde.
(2) Änderungen von klinischen Prüfungen oder Leistungsbewertungsprüfungen,
für die gemäß § 7 Absatz 1
eine Befreiung von der Genehmigungspflicht erteilt
wurde, sind über das zentrale Erfassungssystem beim
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte anzuzeigen. Änderungen gegenüber den
gemäß § 3 oder § 7 Absatz 2 eingereichten Unterlagen
sind kenntlich zu machen, die geänderten Unterlagen
sind der Änderungsanzeige beizufügen. § 22c Absatz 2
Nummer 2 und Absatz 3 bis 5 des Medizinproduktegesetzes
gilt für wesentliche Änderungen entsprechend.
Für die Antragstellung nach Satz 3 gelten die Sätze 1
und 2 entsprechend.
(3) Für die Bewertung wesentlicher Änderungen von
multizentrischen klinischen Prüfungen und Leistungsbewertungsprüfungen
gilt § 5 Absatz 2 Satz 2 und 3
entsprechend, sofern nach Auffassung der zuständigen
Ethik-Kommission dies angesichts der Auswirkungen
der beantragten wesentlichen Änderung auf die Qualifikation
der Prüfer und Eignung der Prüfeinrichtungen
erforderlich ist. Die zuständige Ethik-Kommission unterrichtet
die beteiligten Ethik-Kommissionen und den
Sponsor unverzüglich nach Eingang des Antrags über
ihre Auffassung.
(4) Änderungen der Anträge und der Antragsunterlagen
während der Verfahren nach den §§ 5 bis 7 sind mit
Ausnahme von Änderungen gemäß § 6 Absatz 3 Satz 2
nicht zulässig.
§ 9
Anforderungen an Prüfer
(1) Prüfer und Hauptprüfer müssen entsprechend
qualifizierte Ärzte oder Ärztinnen, bei für die Zahnheilkunde
bestimmten Medizinprodukten entsprechend
qualifizierte Zahnärzte oder Zahnärztinnen sein. Personen
ohne ärztliche oder zahnärztliche Qualifikation dürfen
als Prüfer oder Hauptprüfer tätig werden, sofern sie
zur Ausübung eines Berufs berechtigt sind, der zu einer
klinischen Prüfung oder Leistungsbewertungsprüfung
qualifiziert. Der Nachweis der Qualifikation ist durch einen
aktuellen Lebenslauf oder durch andere aussagefähige
Dokumente zu erbringen.
(2) Die unter Absatz 1 genannten Personen müssen:
- Erfahrungen im Anwendungsbereich des zu prüfenden
Produktes besitzen sowie in dessen Gebrauch
ausgebildet und eingewiesen sein,
- mit den Grundzügen des Medizinprodukterechts,
den rechtlichen und wissenschaftlichen Grundlagen
von klinischen Prüfungen oder Leistungsbewertungsprüfungen
sowie mit dem Prüfplan oder dem
Evaluierungsplan und dem Handbuch des klinischen
Prüfers vertraut sein und in die sich daraus ergebenden Pflichten eingewiesen worden sein.
§ 10
Durchführung der klinischen
Prüfung und Leistungsbewertungsprüfung
(1) Der Sponsor und der Prüfer stellen sicher, dass
die klinische Prüfung oder Leistungsbewertungsprüfung
in Übereinstimmung mit einem dem Stand der
Wissenschaft und Technik entsprechenden, von der zuständigen
Ethik-Kommission zustimmend bewerteten
und, sofern keine Befreiung von der Genehmigungspflicht
besteht, von der zuständigen Behörde genehmigten
Prüf- oder Evaluierungsplan durchgeführt wird.
(2) Der Sponsor und der Prüfer haben im Hinblick
auf die Planung, Durchführung und Auswertung einer
klinischen Prüfung oder Leistungsbewertungsprüfung
sicherzustellen, dass die vollständige Nachvollziehbarkeit
aller Beobachtungen und Befunde, die korrekte Erhebung
und Verarbeitung der Daten und die korrekte
Ableitung von Schlussfolgerungen gewährleistet sind.
(3) Der Sponsor hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen,
dass die Einhaltung des klinischen Prüfoder
Evaluierungsplans durch alle an der Prüfung Beteiligten
regelmäßig und systematisch überprüft wird.
Er kann dafür eine von der klinischen Prüfung oder
Leistungsbewertungsprüfung unabhängige Person,
Stelle oder Organisationseinheit beauftragen, die die
entsprechenden Überprüfungen und Bewertungen vornimmt. Über Bewertungen und Überprüfungen sind
Aufzeichnungen anzufertigen.
(4) Prüfstellen, Einrichtungen einschließlich Laboratorien
sowie jede Art von Daten im Zusammenhang
mit der klinischen Prüfung oder Leistungsbewertungsprüfung sind für die Beauftragten nach Absatz 3 zugänglich
zu machen.
(5) Während des gesamten Verlaufes der klinischen
Prüfung oder Leistungsbewertungsprüfung sind von allen
beteiligten Personen probandenbezogene Daten
streng vertraulich zu behandeln. Alle probandenbezogenen
Daten müssen gegen unautorisierten Zugang
geschützt werden. Hierfür sowie für eine sorgfältige
und vertrauliche Handhabung aller im Rahmen einer
klinischen Prüfung oder Leistungsbewertungsprüfung
anfallenden Daten treffen Sponsor und Prüfer alle erforderlichen
Maßnahmen.
(6) Der Sponsor muss für Notfallsituationen ein Verfahren
etablieren, das eine sofortige Identifizierung und,
sofern erforderlich, eine unverzügliche Rücknahme der
in der Prüfung eingesetzten Produkte ermöglicht.
(7) Der Sponsor hat dafür Sorge zu tragen, dass die
Prüfbögen für die zuständigen Behörden zehn Jahre
nach Beendigung oder Abbruch der Prüfung bereitgehalten
werden. Andere Vorschriften zur Aufbewahrung
von medizinischen Unterlagen bleiben unberührt.
§ 11
Überwachung
(1) Die zuständige Behörde überwacht in angemessenem
Umfang unter besonderer Berücksichtigung
möglicher Risiken bei Sponsoren, Prüfern, Prüfstellen,
Herstellern oder Produzenten und anderen Beteiligten,
ob die klinische Prüfung oder Leistungsbewertungsprüfung
in Übereinstimmung mit dem Prüf- oder Evaluierungsplan
sowie den medizinprodukterechtlichen Vorschriften
durchgeführt wird.
(2) Bei festgestellten Mängeln trifft die zuständige
Behörde alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutz
der Gesundheit und der Sicherheit von Probanden, Anwendern
und Dritten vor Gefahren im Zusammenhang
mit der klinischen Prüfung oder Leistungsbewertungsprüfung.
(3) Näheres regelt die Allgemeine Verwaltungsvorschrift
gemäß § 37a des Medizinproduktegesetzes. |